Haftung bei Unterrichtserteilung
Gerade bei der Unterrichtserteilung kommen vielfältige Probleme auf die den Unterricht erteilende Person zu. Im Rahmen der Unterrichtserteilung sind sich wechselseitig überlagernde, also konkurrenzierende Haftungstatbestände vorhanden, nämlich die Haftung des Sachverständigen, die Haftung aus Vertrag oder aus Delikt und schließlich die Haftung für eigenes Handeln oder Unterlassen und die Haftung für beauftragte Dritte, nämlich Erfüllungs- oder Besorgungs- gehilfen.
Im deutschen Raum neigt die Lehre, zwischenzeitlich aber auch schon die Rechtsprechung dazu, die primäre Haftungsprüfung nach den allgemeinen Regeln der Verkehrssicherungspflichten, also nach einer Verschuldenshaftung zu beurteilen, die dadurch gekennzeichnet wird, dass derjenige für die Gefahren ein- zu stehen hat, der eine Gefährdung begründet.
Zu beurteilen sind die Geschehnisse im Rahmen der Unterrichtserteilung zunächst nach den Bestimmungen über die Haftung des Sachverständigen im Sinne der §§ 1299 und 1300 ABGB, wonach der Sachverständige für jene Kenntnisse und jenen Fleiß haftet, den seine Fachkollegen gewöhnlicherweise haben. Diese Sorgfaltsverpflichtung der Sachverständigen ist generell höher anzusetzen und richtet sich nach dem Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe. Auch wenn also außergewöhnliche Kenntnisse nicht verlangt werden, so werden sich die Anforderungen grundsätzlich nach dem richten, was die einschlägigen Ausbildungsvorschriften beinhalten. Unter dem Begriff Sachverständiger ist im Sinne des § 1299 ABGB daher jeder zu verstehen, der ein qualifiziertes Gewerbe öffentlich ausübt; dieser haftet, wenn er in seinem Fach- oder Tätigkeitsbereich einen unrichtigen Rat erteilt oder Fehlverhaltensweisen setzt, vorausgesetzt, dass ihm zumindest leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Diese Haftung setzt jedoch grundsätzlich ein Verpflichtungsverhältnis zwischen dem Sachverständigen und dem Geschädigten voraus, wobei nach österreichischem Recht Entgeltlichkeit im eigentlichen Sinne nicht notwendig ist. Voraussetzung für die Haftung ist nur, dass der Rat nicht selbstlos, also im ausschließlichen Interesse der anderen, gegeben wird. Dennoch aber haftet der Sachverständige über diese Einschränkung hinaus gegenüber jedem Geschädigten, also gleichgültig, ob ein Verpflichtungsverhältnis vorliegt oder nicht, wenn eine absichtliche, sittenwidrige Schadenszufügung erfolgt ist.
Schließlich und doch nicht zuletzt ergibt sich auch eine Haftung, wenn man sich eines Gehilfen zur Erbringung der verabredeten Leistungen bedient, wobei das Gesetz hier zwischen „Erfüllungsgehilfen“ und „Besorgungsgehilfen“ unterscheidet.
Im Sinne des § 1313 a ABGB haftet der Geschäftsherr dem Geschädigten im Rahmen der durch ihn zu erbringenden Leistung auch für das Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes Verschulden; dies aus dem Grundgedanken heraus, dass ein Vertragspartner nicht dadurch haftungsmäßig schlechter gestellt werden soll, dass der andere Vertragsteil sich zu seinem eigenen Nutzen eines Gehilfen bedient.
Eine Erfüllungsgehilfenhaftung kommt aber nur dann in Betracht, wenn eine Leistungsverpflichtung des Geschäftsherrn besteht und nicht eine bloße Gefälligkeitszusage zugrunde liegt, sei es, dass es sich um vertragliche Schuldverhältnisse, gesetzliche Verpflichtungen oder solche aus vertraglichen Nebenpflichten handelt. Für vorvertragliche Schuldverhältnisse gilt, dass für die Verletzung dieser Schutzpflicht der Geschäftsherr nach den sonstigen Vertragsgrundsätzen einzustehen hat.
„Erfüllungsgehilfe“ ist also jede Person, deren sich der Schuldner, also der Unternehmer zur Erfüllung bedient, wobei Erfüllungshandlung nicht nur die Hauptleistung ist, sondern auch die dazugehörende Vorleistung. Erfüllungsgehilfe ist daher nicht nur derjenige, der die eigentliche Leistung erbringt, sondern der bei der Erfüllung der dem Geschäftsherrn und Schuldner obliegenden Leistungen als dessen Hilfsperson tätig wird, sohin in wirtschaftlicher Abhängigkeit zu diesem steht, auch wenn er als selbständiger Unternehmer (z.B. freiberuflicher Trainer) für diesen tätig wird.
Wesentlich ist, dass die Haftung des Schuldners nach § 1313 a ABGB nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Erfüllungsgehilfe aufgrund seiner Sachkenntnis selbständig arbeitet und der Schuldner gar nicht in der Lage ist, nähere Anweisungen zu geben; entscheidend ist nur, dass der Gehilfe für den Schuldner tätig wird und letzterer die Befugnis hat, Weisungen zu geben. Der Reitschul- oder Stallbesitzer, der Reitstunden verkauft und sich dazu eines Reitlehrers bedient, haftet also für ein Verschulden dieses Reitlehrers als seines Erfüllungsgehilfen auch, wenn er selbst vom Reiten keine Ahnung hat! Dies gilt auch dann, wenn sich der Reitlehrer seinerseits wiederum eines weiteren Gehilfen, sei es Bereiter oder Lehrling, bedient.
Die Haftung für den „Besorgungsgehilfen“ richtet sich nach § 1315 ABGB und umschreibt die Haftung desjenigen, der sich einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person zur Besorgung seiner Angelegenheiten bedient; er haftet für den Schaden, den diese Person im Rahmen der Besorgung der ihr aufgetragenen Angelegenheiten einem Dritten zufügt. Die Abgrenzung zur Erfüllungsgehilfenhaftung ist einfach darin zu sehen, dass im Rahmen der Besorgungsgehilfenhaftung keine Verpflichtung des Geschäftsherrn zur Erbringung einer Leistung gegenüber dem Dritten gefordert wird. Am Beispiel expliziert: Der Reitstallbesitzer beauftragt ein 10-jähriges Kind, ein Pferd zu bewegen. Dabei wird aufgrund der Ungeschicklichkeit des Kindes ein unbeteiligter Zuschauer verletzt. Eine Erfüllungsgehilfenhaftung scheidet deshalb aus, weil ein direktes Vertragsverhältnis mit dem Zuschauer nicht besteht; die Besorgungsgehilfen- haftung greift hier ein, wenn das Kind die für diese Arbeit erforderlichen Kenntnisse überhaupt nicht besitzt und / oder es wegen persönlicher Eigenschaften, so z.B. fehlender Körpergröße, dafür nicht geeignet ist.
Auch wenn diese Vielzahl der voraufgezeigten Haftungstatbestände verwirrt: Die Beurteilung der Frage, ob eine Haftung besteht, lässt sich dennoch relativ kurz zusammenfassen - „Einhaltung der erkennbaren und zumutbaren Sorgfalt“.
Gegen außenstehende Personen sind die für Sportstätten Verantwortlichen verkehrssicherungspflichtig; die Haftung aus dieser Verkehrssicherungspflicht gegenüber Außenstehenden ist garantieähnlich.
Die bei der Unterrichtserteilung eingesetzten Personen haften nach den allge- meinen Grundsätzen der Aufsichts- und Überwachungspflichten.
Es genügt für die Erfüllungsgehilfenhaftung, dass ein Erfüllungsgehilfe beigestellt wurde, auch wenn eine Verpflichtung aus dem abgeschlossenen Vertrag selbst nicht bestand, sondern wenn dies aus vertraglichen Nebenpflichten heraus erfolgte, also wenn die Erfüllung der mit einem Schuldverhältnis verknüpften Schutz- und Sorgfaltspflicht einem anderen übertragen wird.
Der Erfüllungsgehilfe ist verpflichtet, jede Maßnahme zu unterlassen, durch die eine über das mit der Ausübung des Sportes typischerweise verbundene Risiko hinausgehende Gefährdung der seiner Führung anvertrauten Personen herbei- geführt werden kann.
RA Dr. Peter Lechner